Akute Hypoglykämie – ein Rettungsdienst Klassiker

Die akute Hypoglykämie zählt zu den häufigsten Notfalleinsätzen* im Rettungsdienst. Sofortmaßnahmen zeigen in der Regel noch vor Ort einen schnellen Therapieerfolg. Dennoch wird dieser Einsatz häufig unterschätzt, vor allem dann, wenn Patienten einen anschließenden Kliniktransport ablehnen. Wir zeigen Ihnen auf, wie Sie als Notfallsanitäter im Rahmen der präklinischen Behandlung strukturiert vorgehen können.

Akute Hypoglykämie – Fallbeispiel

Sie werden zu einer Einsatzstelle gerufen und finden eine 57-jährige Frau bewusstlos in ihrem Bett liegend vor. Auf Ansprache reagiert sie nicht. Nur durch behertzes Rütteln an der Schulter zeigt sie leichte Abwehrbewegungen. Der Ehemann sagt, dass seine Frau in den letzten Tagen einer an einer Gastroenteritis gelitten und nur sehr wenig getrunken und gegessen habe. Durch Zufall entdecken Sie eine Schachtel mit oralen Antidiabetika auf dem Nachtisch. Sie fragen den Ehemann direkt, ob seine Frau an Diabetes erkrankt sei, was er in diesem Fall bejaht.

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Diagnostik mit Hilfe des ABCDE-Schemas

Im Verdachtsfall einer akuten Hypoglykämie sollte rasch gehandelt werden. Die Anwendung des ABCDE-Schemas gibt einen schnellen Überblick über die vorliegende Notfallsituation. Die Atemwege und Vitalfunktionen sind gesichert. Im Ergebnis liegt zunächst eine unklare Bewusstlosigkeit vor. Mit Hilfe einer Fremdanamnese (Ehemann) erhalten die Notfallsanitäter den entscheiden Hinweis (SAMPLER-Anamnese). Eine unverzügliche Blutzuckerbestimmung ergibt einen Wert von 30 mg/dl. Die Patientin weist zudem Zeichen einer Exsikkose auf. Andere organische Ursachen für eine Hypoglykämie (Lebererkrankungen, Tumoren etc.) können zunächst ausgeschlossen werden.

Therapie der akuten Hypoglykämie – Glukosegabe!

  1. Anlegen eines venösen Zugangs (im vorliegenden Fall ist aufgrund der Bewusstlosigkeit eine orale Glukosegabe nicht möglich!)
  2. Sicherstellung und Fixierung der korrekten Kanülenlage (Vermeidung einer paravenösen Injektion)
  3. Verabreichung von Glukoselösung (verdünnt oder fraktioniert nach Dosierungsschema) unter laufender Infusion (Vermeidung einer Venenreizung)
  4. In der Regel erwachen Patienten innerhalb weniger Minuten
  5. Nach Wiedererlangen des Bewusstseins oder ausbleiben dessen, erneute Blutzuckerkontrolle (Zielwert: >100 mg/dl)

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Herausforderung: Patientin lehnt Kliniktransport ab

Die Patientin ist wieder bei vollem Bewusstsein und scheint allseits orientiert. Insgesamt fühlt sie sich jedoch noch geschwächt. Einen Transport ins Krankenhaus lehnt sie jedoch ab. Ob eine Krankenhausaufnahme im Einzelfall erforderlich ist hängt von mehreren Umständen ab, die Sie als Notfallsanitäter oder Notarzt einschätzen und abklären müssen:

  1. Kam es in jüngster Zeit häufiger zu akuten Hypoglykämien?(diagnostische Abklärung erforderlich)
  2. Erfolgt die Behandlung eines bekannten Diabetes Mellitus primär mit oralen Antidiabetika und nicht mit kurzwirksamen Insulin? (längere Wirkdauer mit Gefahr weiterer Hypoglykämien im Verlauf)
  3. Ist ein Diabetes Mellitus in der Krankengeschichte überhaupt bekannt? (differenzialdiagnostische Abklärung erforderlich)
  4. Ist die Patientin alleinlebend?
  5. Bestehen Hinweise auf eine mangelnde Compliance die Empfehlungen und (ärztlichen) Anordnungen ordnungsgemäß umszusetzen?

Sollte einer der oben genannten Punkte zutreffen, ist ein Kliniktransport dringend empfohlen. In so einer Situation müssen Notfallsanitäter Fingerspizengefühl beweisen. Kommunikation* ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Im Falle einer weitern Ablehnung, muss die Patientin über mögliche Gefahren und Konsequenzen umfassend aufgeklärt werden. Die Vorgehensweise ist zu dokumentieren.


Wer im Rettungsdienst arbeitet benötigt eine hohe Fachkompetenz mit viel medizinischem Hintergrundwissen. Nachfolgend eine kleine Auswahl aktueller Fachliteratur für die Ausbildung und Praxis

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Quellen: vgl. Behandlungspfade und Standardarbeitsanweisungen im Rettungsdienst, Landesverband ÄLRD Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt (2020), S. 105 f.